Respekt im Netz
Veröffentlicht: Montag, 20.01.2020 16:40
Im Netz kann man sich alles leisten – zumindest wirkt es so, wenn man sich die Kommentarspalten der gängigen Social Media Kanäle durchließt. Viele Menschen schreiben da ungefiltert hin, was sie denken und merken oft gar nicht, wie respektlos sie eigentlich sind.

Besonders häufig bekommen Politiker Respektlosigkeit im Netz ab. Dabei steht vor allem die Frage im Mittelpunkt: Wo hört einfache Kritik und Meinungsäußerung auf bzw. wo fängt Hetze an? Im Fall der Grünen-Politikerin Renate Künast, die auf ihrem Facebookprofil übel beschimpft wurde, hat das Landgericht Berlin im vergangenen September zunächst beschlossen: Sie muss es ertragen, denn in ihrem Fall habe es sich nicht um Beleidigungen, sondern um zulässige Meinungsäußerungen gehandelt. Worte, die dabei gefallen sind, waren unter anderem „Stück Scheiße“, „hohle Nuss, die entsorgt gehört“, „Sondermüll“ und „Schlampe“. Künast hatte dagegen Beschwerde eingelegt und das Landgericht schaute sich den Fall erneut an. Am 21. Januar 2020 kam es zu der Entscheidung, dass sechs der insgesamt 22 Kommentare als unzulässige Schmähkritik im Sinne einer Beleidigung zu verstehen sind. Auch im RBRS-Land gibt es Politiker, die Erfahrungen mit dem Thema gemacht haben. Einer von ihnen ist der Bonner EU-Abgeordnete Axel Voss. Im vergangenen Jahr wurde er vor allem wegen der Urheberrechtsreform („Artikel 13“) angefeindet und bedroht. Im RBRS-Interview erzählt er von seinen Erfahrungen.
Hass im Netz beeinträchtigt die Meinungsäußerung
Hass im Netz beeinflusst aber auch wie und ob wir überhaupt noch unsere Meinung äußern. Das hat eine Studie ergeben, die zwischen April und Mai 2019 durchgeführt wurde. 7.349 Menschen zwischen 18 und 95 Jahren haben daran teilgenommen und etwa die Hälfte von ihnen gibt an, in Reaktion auf Hassrede im Internet seltener zur eigenen politischen Meinung zu stehen und 47 Prozent sagen sogar, dass sie sich dadurch seltener an Diskussionen im Netz beteiligen. Kurzum beduetet das: Respektlosigkeit bzw. Hassrede beeinflusst die freie Meinungsäußerung und könnte im schlimmsten Fall die Debattenkultur verändern.
5 Tipps gegen Hass im Netz
Aber, und das ist die gute Nachricht, jeder von uns kann etwas tun, um Hass im Netz zu vermeiden:
- NICHT WEGSCHAUEN - Wenn wir Hass und Respektlosigkeit nicht widersprechen, fühlen sich die Angreifer bestärkt. Bereits ein „Nein, ich sehe das anders“ kann helfen. Alternativ können Kommentare und Personen in Sozialen Netzwerken gemeldet werden. Jeder Beitrag zählt!
- ANGEGRIFFENE STÄRKEN UND GEGENREDNER UNTERSTÜTZEN – Wer Hass verbreitet, hat in der Regel zum Ziel, andere Meinungen und Menschen im Netz zu schwächen und zu verdrängen. Mit eigenen Kommentaren können wir diejenigen stärken, die angegriffen werden und solche Kommentatoren fördern, die sich den Hasskommentaren entgegenstellen.
- RUHIG BLEIBEN – Nicht dazu verleiten lassen, selber beleidigend oder respektlos zu reagieren. Das könnte dazu führen, dass andere sich mit den Hatern solidarisieren.
- GEGEN DEN STROM SCHWIMMEN – Angreifende zielen mit ihren Provokationen auf ganz bestimmte Reaktionen ab, die sie dazu nutzen, die Diskussionen zu kontrollieren. Wer sich nicht auf diese Diskussionen einlässt und „Trolle“ ignoriert oder mit konstruktiven Kommentaren reagiert, kann den Ton der Diskussion verändern.
- KLARE GRENZEN SETZEN UND VORBEREITET SEIN – Angreifenden muss klar gemacht werden, dass ihre Respektlosigkeit nicht akzeptiert wird. Es ist ratsam, erst in die Diskussion zu gehen, wenn Angriffe aufhören. Dafür ist es wichtig, vorbereitet zu sein. Auf Angriffe reagieren wir Menschen nämlich entweder mit Flucht oder Starre. Damit wir richtig reagieren können, ist es sinnvoll, verschiedene mögliche Reaktionen durchzuspielen.